Konstantin Wecker - Wut und Zärtlichkeit & Absurdistan 2014 - Video
PUBLISHED:  Aug 30, 2014
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Konstantin Wecker - Wut und Zärtlichkeit & Absurdistan 2014

1. Wut und Zärtlichkeit
Mit dem Alter und der Plage
stellt sich irgendwann die Frage:
Ist es besser zu erkalten,
lässt man alles schön beim Alten?

Soll man sich die Wunden lecken,
legt sich in gemachte Betten,
statt die Kissen mit Gefühlen
alten Trotzes aufzuwühlen?

Oder kann man immer weiter
wachsam sein und dennoch heiter,
soll man weiter revoluzzen
oder doch Laternen putzen?

Kann man wütend sein und weise,
laut sein und im Lauten leise,
macht gerechter Zorn nicht müde,
ist vielleicht nur Attitüde?

Eines fügt sich doch zum andern,
nichts besteht für sich allein.
Flüsse, die getrennt mäandern,
leiben sich dem Meere ein.

Gut poliert erscheint das Schlechte
oft in einem Strahlenkranz.
Sei ein Heiliger, ein Sünder,
gib dir alles! Werde ganz!

Hab mich niemals an Gesetze,
Dogmen oder Glaubenssätze,
Führer, höhere Gewalten
ohne Widerspruch gehalten.

Und mich führ'n auf meiner Reise
zum Verstehen viele Gleise.
Zwischen Zärtlichkeit und Wut
fasse ich zum Leben Mut.

Menschen müssen sich verändern,
um sich selber treu zu sein.
Nur das Wechseln von Gewändern
kann kein wahrer Wandel sein.

Mancher sagt: Nur meditieren,
essen, was zum Boden fiel,
sich im Ganzen zu verlieren,
sei das wahre Lebensziel.

Andre ritzen ihren Armen
Hass und Rache blutig ein.
Sie sind viel zu schwer verwundet,
um im Herzen ganz zu sein.

Wieder andere marschieren,
Fahnen werden stolz gehisst.
Und auch sie werden verlieren,
weil kein Sieg beständig ist.

Eines fügt sich doch zum andern,
nichts besteht für sich allein.
Flüsse, die getrennt mäandern,
leiben sich dem Meere ein.

Gut poliert erscheint das Schlechte
oft in einem Strahlenkranz.
Sei ein Heiliger, ein Sünder,
gib dir alles! Werde ganz!

Hoch gestiegen, tief gefallen,
zwischen Geistesblitz und Lallen
bin ich auf dem Weg zum Lieben
meinem Innern treu geblieben.

Und mich führ'n auf meiner Reise
zum Verstehen viele Gleise.
Zwischen Zärtlichkeit und Wut
fasse ich zum Leben Mut.

Zwischen Zärtlichkeit und Wut
tut das Leben richtig gut

2. Absurdistan
Ich hab keine Lust mehr, ein Nörgler zu sein,
bin müde vom Kämpfen und Klagen,
Ich werd' ab sofort gesellschaftskonform
und verzichte auf weitere Fragen.

Will auch dabei sein im Karussell
der Reichen und Klugen und Schönen,
und dann lass' ich mich von den Medien loben
und von meinem Konto verwöhnen.

Und ich glaube ab sofort an jede Statistik
und bin gegen Zweifel immun,
und wenn Umsätze steigen und Löhne sinken,
hat das nichts miteinander zu tun.

Ich gelobe, jetzt nicht mehr quer zu schiessen
und ich glaube der BILD und der WELT,
und an Terrorexperten und Wirtschaftsanalysen
und vor allem: ans grosse Geld!

Und ich glaube, dass Nestlé die Menschen liebt,
die Vatikanbank leiten Christen.
Bänker sind voller Mitgefühl
und Heckler & Koch Pazifisten.

Ja ich glaube an Deutschland, an den deutschen Export,
an Hartz IV und an Wachstumswahn.
Heisst mich willkommen und nehmt mich auf
in eurem Absurdistan!
Heisst mich willkommen und nehmt mich auf
in eurem Absurdistan!

Und ich glaub' an den heiligen Sarrazin
und seine Eugenik-Visionen.
So kann sich ein Rückfall in dunkelste Zeiten
finanziell im jedem Fall lohnen.

Und ich glaube, dass wir in Afghanistan
zur Rettung der Frau angetreten,
und wie damals mit Gutti und Kerner und Papst
will für deutsche Siege ich beten.

Und ich glaube an alles was den Bildschirm füllt,
von Pro7 bis RTL zwo,
und ich bewerbe mich morgen bei DSDS
und wisch' den Quoten den Po.

Ja ich glaube an Deutschland, an den deutschen Export,
an Hartz IV und an Wachstumswahn.
Heisst mich willkommen und nehmt mich auf
in eurem Raffistan!
Heisst mich willkommen und nehmt mich auf
in eurem Absurdistan!

Und ich weiss, dass wir ohne Atomstrom verenden,
und ich find' es ab jetzt auch beschissen,
dass Konzerne, obwohl sie so viel für uns tun,
auch noch Steuern zahlen müssen.

Und ich glaub' an die Automobilindustrie,
denn sie hat's nun wirklich geschafft
und hält jede Regierung unter ihr
verlässlich in Geiselhaft.

Und ich glaub' an Elite und an BWL
und vor allem an G 8.
Denn wir brauchen Kinder, die funktionieren.
Wer braucht schon ein Kind, das lacht?

Ich glaube an Deutschland, an den deutschen Export,
an Hartz IV und an Wachstumswahn.
Heisst mich willkommen und nehmt mich auf
in eurem Absurdistan!
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