Der Asphalt ist hart. Und so sind die Menschen. Vielleicht noch härter. Berlin. Schöneberg. Steinmetzstraße. Ghetto. Wirst du hier groß, Caney, gibts zwei Wege die du einschlagen kann. Hartz IV. Oder Drogen. Die meisten entscheiden sich für beide.
Heute gibt es Integrationsbeauftragte und Förderprogramme für Ausländer. Die Politik nennt sie Menschen mit Migrationshintergrund. Als Alpa Guns Eltern in den 60er Jahren nach Deutschland zogen war das Wort Integration für Politiker ein Fremdwort, ein Wort das Mathematikern vorbehalten war. Ein Wort, dessen Unverständnis den Grundstein für die Probleme unserer Zeit legte, den Grundstein für Sarrazins Buch, den Grundstein dafür, dass es erstmals nach der NS-Zeit wieder Ghettos in Deutschland gibt. Als in den 60ern das Arbeitsabkommen zwischen der Türkei und Deutschland geschlossen wurde, brauchte die Bundesrepublik vor allem Arbeiter. Niemand brauchte Menschen. Niemand ging davon aus, dass die Türken hier bleiben wollten. Dass die Einwanderer ein neues Zuhause gefunden haben. Zwei Jahre arbeiten dann ab nach Hause. Wozu Deutsch lernen? Wozu die neue Kultur zu seiner eigenen machen? Wozu miteinander leben, wenn das nebeneinander viel bequemer ist? Für alle. Für die Deutschen, die sich keine Gedanken über die neuen Nachbarn machen mussten, über deren Probleme und Sorgen, deren Bedürfnisse. Und für die Türken die am Ende des Tages, am Ende der Schichtarbeit zu kaputt waren. Zu kaputt um sich Gedanken zu machen über die neue Heimat, über deren Anforderungen und so andersartige Kultur. Man leistete ja seinen Teil.
Doch irgendwann wurden Kinder geboren.
Kinder, deren Eltern also kein Deutsch sprachen und sich über die Jahre eine Parallelgesellschaft mit eigenen Traditionen, eigener Sprache und eigenen Regeln erschaffen haben. Damals nannte man das Multikulti. Heute redet man von Leitkultur und versucht die Suppe von damals irgendwie wieder auszulöffeln. In diese Welt wurde Alpa hineingeboren, hineingeworfen. Liebevolle Eltern die kaum Deutsch sprachen. Nachbarskinder die kaum Deutsch sprachen. Deutsche Kinder, die ganz bestimmt nicht in der Steinmetzspraße mit den Kanackenkindern spielten. Und irgendwann merkt man dann doch, dass man nicht dazugehört. Dass man nicht gewollt ist. Dass man das Resultat politischen Versagens ist. Jeder Mensch braucht Bestätigung, braucht einen Sinn. Doch ohne Deutschkenntnisse versagt man in der Schule. Und die Eltern können die Zeugnisse eh nicht lesen. Also holt man sich seinen Respekt woanders. Auf der Straße. Hier gibt es auf einmal einen Weg sich zu beweisen, sich seine Anerkennung zu holen, zu leuchten. Indem man härter, gemeiner, krimineller ist als alle anderen. Und die Deutschen merken auf einmal, dass da was nicht stimmt. Dass es Menschen gibt, mit denen man besser nichts zu tun hat. Kanacken. Schwarze Haare, braune Haut, gebrochener Akzent. So welche verursachen Probleme. Denen gibt man besser keinen Job.
Alpa versuchts trotzdem. Haut Bewerbungen raus. Kriegt Absagen rein. Ohne Begründung. Dann kommt irgendwann doch eine Zusage und Alpa bekommt eine Lehrstelle als Restaurantfachmann im Gugelhof. Krasse Adresse. Pikfein. 1A. Bill Clinton kommt zum Essen mit Gerhard Schröder. Und Alpa haut rein. Gibt alles. Macht jede Schicht. Reißt sich den Arsch auf, soweit es nur geht. Und wird gefeuert. Der Laden läuft nicht mehr so gut. Andere behalten ihre Stelle. So ist das halt mit dem Migrationshintergrund.
Das Straßenbusiness läuft trotzdem. Die Verbindungen zu den richtigen Leuten sind nicht eingeschlafen und das Ot verkauft sich gut. Also wird auf die Ausbildung erstmal geschissen. Hat eh keine zukunft.
Und dann schlägt das Schicksal zu. Das Schicksal heißt Sido.
Sido kauft sein Gras von nun an bei Alpa. Das ist der Anfang. Der Anfang einer neuen Geschichte. Die Geschichte von Alpa Gun, dem Rapper. Alpa und Sido lernen sich immer besser kennen. Zwei Jungs von der Straße. Zwei Leben mit Parallelen. Und zwei Konstanten die als Klebstoff dienen. Gras und Hip-Hop. Die erste war schon da, die zweite wird sich erst noch entwickeln. Doch Alpa lernt verdammt schnell und Sido weiß das Talent seines neuen Freundes zu schätzen. Er wird sein Back-Up Rapper und sein bestes Pferd im Stall. Als Sido zusammen mit B-Tight das Label SEKTENMUZIK gründet, ist es selbstverständlich, dass Alpa Gun mit an Bord ist. Er wird der erste künstler des neuen Labels mit eigenem Solo-Album sein.
Der Erfolg bei Sektenmuzik hielt jedoch nicht lange an. Das Dasein als Independent-Musiker war schwierig und das zweite Album "Almanci" erbrachte nicht den gewünschten Erfolg. Und Alpa Gun erlebte etwas, was viele erfolgreiche Künstler erfahren, wenn ihr Ruhm zu verblassen scheint. Freunde wenden sich ab und Feinde stürzen sich auf dich. Der tiefere Einblick hinter die Kulissen des Raps zeigte Alpa, dass er es am Ende doch nur mit falschen Business-Menschen zu tun hat. So entschloss er seinen eigenen Weg zu gehen, der ihn über Blutzbrüdaz als Adal sogar auf die große Kino-Leinwand brachte. Seine schauspielerische Leistung überzeugte und bald darauf stand er für die ZDF-Sechs-Teiler "Verbrechen" wieder vor der Kamera. Alpa hat sich abgewendet von der Falschheit des Rap-Games und derjenigen Spieler, die am lautesten "Keep it real" schreien. Jetzt geht wieder seinen eigenen Weg. Mit seinem dritten und bis dato bestem Album zeigt er wie man trotz ehrenloser Angriffe bleibt wer man ist. Egal ob auf CD oder auf der Leinwand, dass 2012 Alpa-Gun die authentischste Stimme des Asphalts bleiben wird - das ist EHRENSACHE!
